250 Besucher beim Landeserntedankfest in Hinte

Mehr als 250 Besucher sind am Sonntag, 2. Oktober, zum niedersächsischen Landeserntedankfest in die Evangelisch-reformierte Kirche in Hinte (Ostfriesland) gekommen. Die fünf evangelischen Kirchen sowie die Land- und Ernährungswirtschaft in Niedersachsen feierten dort unter dem Motto "Gott loben für das gute Land!" einen gemeinsamen Gottesdienst. Ausrichter war in diesem Jahr die Evangelisch-reformierte Kirche.

Kirchenpräsident Martin Heimbucher kritisierte in seiner Predigt die möglichst preiswerte und ständige Verfügbarkeit von vielfältigsten Produkten im Supermarkt. Die Käufer hätten sich längst an Maiglöckchen im Januar und Erdbeeren zu Weihnachten gewöhnt. "Da kann aus dem dankbaren Genießen unversehens ein Anspruch auf die totale Verfügbarkeit über die Lebensmittel werden."

Wo Menschen zu viel des Guten haben, könnte die Abhängigkeit von der Natur schnell in Vergessenheit geraten, mahnte Heimbucher. Eine Gesellschaft, die sich an diesen Überfluss gewöhnt habe, werde selbstsüchtig und süchtig danach, das Eigene zu mehren: "Sie vergisst die Grundlage, auf der sie lebt. Sie verachtet die Quelle aus der sie schöpft."

Nur noch wenige aus der Eltern- und Großelterngeneration könnten von Hunger und Not der Kriegszeiten erzählen und daran erinnern, unterstrich der Theologe. In diesen Zeiten würden die Flüchtlinge zu Botschaftern der Erinnerung. Diese Menschen erinnerten heilsam daran, "dass Wohlstand, Frieden und Freiheit keine Selbstverständlichkeiten sind, sondern kostbare Geschenke".

Der niedersächsische Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne) forderte für die Arbeit der Landwirte mehr Wertschätzung und einen angemessenen. "Es kann nicht sein, dass Milch aber auch Fleisch in Supermärkten mit Lockangeboten verramscht wird", sagte der Politiker beim Landeserntedankfest.

Dass Landwirte ständig staatliche Unterstützungsprogramme brauchten, weil es keinen fairen Markt mit auskömmlichen Preisen gebe, dürfe nicht sein, betonte Meyer. Zudem werde immer noch fast die Hälfte der landwirtschaftlichen Produkte weggeworfen, während fast eine Milliarde Menschen weltweit an Hunger leide. Lebensmittel seien keine normale Handelsware, sondern Mittel zum Leben.

In einer anschließenden Gesprächsrunde "Welche Zukunft hat die bäuerliche Landwirtschaft" forderten Landwirte von der Politik angemessene Milchpreise. Ein Milchbauer aus der Region berichtete, dass er aufgrund der aktuell niedrigen Preise derzeit pro Kuh rund 1.000 Euro im Jahr verliere. Die Höfe gerieten dadurch in eine immer größere Abhängigkeit von den Banken. Mittlerweile entschieden die Geldinstitute, was auf den Höfen geschieht, "und nicht mehr der Landwirt, der einen seit vielen Generationen bestehenden Familienbetrieb führt". Landwirtschaftsminister Meyer unterstrich seine Forderung nach höheren Milchpreisen. Er forderte von der EU einen Krisenmechanismus, um Preisschwankungen abzudämpfen. Der Chefredakteur der Fachzeitschrift Top Agrar, Ludger Schulze Pals aus Münster, kritisierte die Politik für ihre regelmäßig wechselnden Konzepte. Eine Landwirtschaft, die auch in Zukunft von bäuerlichen Familienbetrieben geprägt sei, brauche eine verlässliche Politik. Herbert Heyen, Vorstandsvorsitzender der Ammerland Molkerei, wie Forderungen nach einer freiwilligen Mengenbeschränkung zurück. Die Mitglieder seiner Genossenschaft hätte sich mehrheitlich gegen solche Pläne ausgesprochen.

Das Landeserntedankfest fand in dieser Form als Kooperation einer Landeskirche mit der Marketinggesellschaft der niedersächsischen Land- und Ernährungswirtschaft e. V zum dritten Mal statt. Im kommenden Jahr wird es von der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Schaumburg-Lippe in Altenhagen-Hagenburg ausgerichtet.

 

3. Oktober 2016
Ulf Preuß, Pressesprecher

Bericht über das Landesernetdankfest in der NDR-Mediathek

 

Bild oben: Pastor Sebastian Schneider, Landwirtschaftsminister Christian Meyer und Kirchenpräsident Martin Heimbucher (von links) und der Kirchenrat der Gemeinde beim Einzug in die Kirche


Bilder unten: Impressionen aus dem Gottesdienst, von der Ausstellung im Chorraum und vom Gespräch beim Tee im Gemeindehaus (alle Fotos: Klaus Reinders)

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