325 Jahre Reformierte in Leipzig

Jubiläumsfest im Innenhof der Kirche am Tröndlinring (Foto: Gemeinde Leipzig)

Die Evangelisch-reformierte Kirche in Leipzig hat am Sonntag, 7. September, ihr 325-jähriges Bestehen gefeiert. 1700 gründeten Glaubensflüchtlinge aus Frankreich die „église réformée de Leipzig“ und fanden bei ihren Treffen eine neue geistliche Heimat. Damals sangen und beteten sie in ihrer Muttersprache Französisch und hörten die Predigt ihres ersten Pastors, Pierre Butini, ebenfalls auf Französisch. Die Flüchtlingsgemeinde gab sich den Leitspruch „Deus det incrementum“ – Gott gebe Wachstum! Noch heute nutzt die Gemeinde diesen Leitspruch in ihrem Logo: Der abgeschlagene Baum mit den frischen Trieben symbolisiert die gewaltsame Vertreibung aus Frankreich und den Neuanfang in Leipzig.

Im Gottesdienst am Sonntag predigte der Präses des Synodalverbands, Simon Froben aus Bayreuth, zum anschließenden im Innenhof kamen viele Gäste. Die Gemeinde setzt das Jubiläum mit einem Gemeindeausflug ins Berliner Hugenottenmuseum am 13. September fort. Anlässlich des Leipziger Lichterfest am 9. Oktober veranstaltet sie eine vielsprachige Bibellesung.

8. September 2025
Ulf Preuß, Pressesprecher


Stichwort Hugenotten

Im 17. Jahrhundert gerieten die Hugenotten, die ihren Glauben in der Nachfolge des Reformators Johannes Calvin lebten, in Frankreich immer mehr unter Druck. Zwar hatte König Heinrich IV. ihnen 1598 im Edikt von Nantes religiöse Toleranz und volle Bürgerrechte gewährt; doch nach und nach mussten sie immer weitere Beschneidungen ihrer Rechte hinnehmen. Ein anderer Glaube als der katholische – dazu noch die Unabhängigkeit der reformierten Gemeinden und ihre Abgrenzung von der weltlichen Obrigkeit – passte nicht in einen absolutistischen Staat.

Unter dem König Ludwig XIV. begann ab 1661 eine systematische Verfolgung, um die Protestanten zwangsweise zum Katholizismus zu bekehren. Auf eine erste Fluchtwelle reagierte er mit einem Emigrationsverbot. Schikanöse Vorschriften und Verbote machten das Leben immer schwerer. Besonders die berüchtigten Dragoner, also Reiter mit Säbeln, wurden zwangsweise bei Hugenotten einquartiert und drängten sie mit Plünderungen und Gewalt, ihrem Glauben abzuschwören. Hunderte Prediger sahen trotz Verbots keinen Ausweg als die Flucht; Kirchen und Dörfer wurden zerstört – das Leid wurde immer schlimmer, vielfach endete die Verfolgung auch tödlich.

Die brutale Drangsalierung gipfelte 1685 im Edikt von Fontainebleau. Reformierte Gottesdienste wurden verboten, die Zerstörung ihrer Kirchen angeordnet. Pastoren mussten binnen zwei Wochen das Land verlassen – es sei denn, sie konvertierten. Den Gemeindegliedern wurde zugestanden zu bleiben – unter der Bedingung, sich nicht mehr zum Gottesdienst zu versammeln. Außerdem verloren sie ihre Bürgerrechte, konnten also keine Ehen mehr eingehen und kein Eigentum erwerben.

Gut 800.000 Hugenotten lebten um 1670 in Frankreich, besonders im Süden. Das entsprach etwa fünf Prozent der Bevölkerung. Bis 1720 flohen 160.000 von ihnen – eine riesige Zahl angesichts des Ausreiseverbots: Wer einen Fluchtverdacht meldete, bekam als Belohnung die Hälfte des beschlagnahmten Besitzes. Dennoch entstand ein Netzwerk von Helfern (manche würden heute wohl als Schlepper bezeichnet). Sie organisierten Schiffe, kannten sichere Fluchtrouten und Kontakte. Und wer bereits Zuflucht gefunden hatte, half solidarisch den Glaubensgeschwistern, die nach ihnen aus Frankreich kamen.

Eine Flucht bedeutete, die Heimat und das meiste Hab und Gut aufzugeben. Denen, die das auf sich nahmen, war ihr reformierter Glaube so wichtig, dass sie sich nicht der Mehrheit im Land anpassen wollten. Oft verglichen sie ihre Situation mit dem Exodus, dem Auszug der Kinder Israel aus Ägypten. Viele europäische Länder nahmen die flüchtenden Hugenotten auf. Manche wagten auch den Aufbruch nach Amerika oder Südafrika. Ungefähr 40.000 kamen in deutsche Gebiete, etwa nach Franken, Hessen und besonders nach Preußen, wo die Regierung ihnen besonders attraktive Bedingungen bot. Etwa 150 Hugenotten, vor allem Kaufleute, ließen sich in Leipzig nieder, wo schon seit 1670 reformierte Kaufleute aus der Schweiz lebten. Am 17. September 1700 baten Leipziger Reformierte beim sächsischen König darum, ihren Glauben in Gottesdiensten ausüben zu dürfen.

Von Friederike Ursprung

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